Der Candomblé
Der einzige Candomblé-Tempel Deutschlands liegt in Kreuzberg. Aber was ist Candomblé eigentlich?
Von Ortrun Schütz
Der Candomblé hat seinen Ursprung in der afrikanischen Religion Ifá, die zum Unesco Weltkulturerbe gehört. Die religiösen Bräuche wurden von versklavten Afrikanern nach Amerika gebracht. Den afrikanischen Männern, die in den Plantagen arbeiten mussten, war die Ausübung ihrer Religion allerdings bei Todesstrafe verboten. Nicht zuletzt, weil die Plantagenbesitzer das Trommeln als bedrohlich empfanden. Daher wurde der Candomblé eine der wenigen frauendominierten Religionen. Erst in den siebziger Jahren erkannte Brasilien die Religion offiziell an.
Im Candomblé dienen Tanz, Rhythmus und Gesang der Verbindung zwischen den Menschen und dem Göttlichen. Die religiöse Anrufung gilt den 16 Orixas, personifizierte Naturgewalten wie der Wind, der Wald, die Lagune. Das Orakel offenbart, welcher Orixa dem Gläubigen zugeordnet wird. Auch im Candomblé glaubt man an einen allmächtigen Gott, der alles erschaffen hat, Olórun. Wegen seiner überwältigenden Kraft wird er allerdings selten direkt verehrt. Stattdessen versuchen die Candomblé-Anhänger die Kraft ihres persönlichen Orixa durch Rituale und Opfergaben für sich zu nutzen.
Heute nehmen in Brasilien rund 70 Millionen Menschen an Candomblé-Ritualen teil. Aufgrund der Kolonialvergangenheit ist die vorherrschende Religion zwar der Katholizismus. Aber für die Menschen ist das kein Widerspruch. Morgens gehen sie in die Kirche und beten, nachmittags zum Ritual und tanzen.
Seit 2007 gibt es auch einen Candomblé-Tempel in Kreuzberg, in der Nähe des Viktoriaparks. Sechsmal im Jahr können die Berliner den Candomblé hier bei einem öffentlichen Ritual kennenlernen.